Die 60er

Die nunmehr beginnenden 60er Jahre werden durch eine in diesem Ausmaß bisher nie gekannte Wohnungsbautätigkeit gekennzeichnet.  Im Adreßbuch der Stadt Hilden von 1961 sind zwischen der Hochdahler und der Gerresheimer Straße als neue bewohnte Straßen schon Mozartstraße, Beethovenstraße (ohne Hochhaus bis zur Schule), Loewe-, Gluck-, Johann-Sebastian-Bach-Straße, Molzhausweg, Felix-Mendelssohn-Straße, Händelstraße, Hugo-Wolf-Straße, Brahmsweg, Richard-Wagner-Straße (Althausbestand), Kosenberg, Brucknerstraße genannt.  Neue Heimat und Hildener Aktien-Baugesellschaft waren die größten Bauträger zu dieser Zeit.  Straßen- und Kanalbau, Schulbau, die Anlegung von Kinderspielplätzen, der Bau von Kindergärten und vieler anderer lebensnotwendiger öffentlicher Einrichtungen konnten mit diesem Bautempo nicht Schritt halten.  Das gab Anlaß zur Unzufriedenheit der neuen Bewohner, und der Ärger wurde in den Versammlungen der beiden Nordstädter Bürgervereine abgelassen.  Hier wurde heftig diskutiert und gestritten über das alte Thema des Straßenausbaus, an vorderster Stelle immer wieder über die viel zu langsam vorwärtsgehenden Arbeiten an der Hochdahler Straße, über Schmutz- und Regenwasserkanäle, Straßenbeleuchtung, Straßenreinigung und Müllabfuhr, Verlegung des Biesen- und Hoxbaches, über Kinderspielplätze, Kindergärten, Spielstraßen, Sicherung der Schulwege, Sportplätze und Turnhallen, den Bau des 13geschossigen Hochhauses an der Beethovenstraße, über den Abbruch des Herrensitzes Kolksbruch, über Stadtwald, Waldschenke, Geruchsbelästigungen des Fischteiches, über den Nordfriedhof von der Idee eines Waldfriedhofes im Stadtwald bis zur endgültigen Einrichtung an der Herderstraße, über eine Postnebenstelle, Apotheke, Sparkassenfiliale, Einrichtung eines Wochenmarktes, über den Rheinbahnverkehr und Aufstellung von Fernsprechstellen, Briefkästen, Lotto-Annahmestellen bis hin zu den Engländerhäusern in der Hagdornstraße, wobei nicht nur der unansehnliche Zustand der Häuser, sondern auch die Lebensgewohnheiten der englischen Familien manchen Bürgern nicht behagte.  Da ist es schon erfreulich zu lesen, daß man 1961 wenigstens mit der Straßenbeleuchtung einigermaßen zufrieden war.

Die alles überragenden Klagen bezogen sich aber auf die wirklich katastrophale Schulraumnot.  In allen Stadtteilen fehlten Klassenräume, und obwohl die Stadt mit einem Kostenaufwand von 2,5 Millionen DM die schrecklich verkommenen alten Schulgebäude renovierte und modernisierte, bis 1966 sechs neue Schulen in Betrieb nahm, reichte das alles nicht aus.  Die Schulprobleme blieben deshalb das Hauptthema in den Bürgervereinen, und die für Schulbau, Stadtplanung und Wohnungsbau zuständigen Beamten der Stadtverwaltung waren ständige Auskunft erteilende Besucher in den Bürgervereinsversammlungen. Jedoch hatte sich jetzt ein entscheidender Wandel vollzogen. 

Sah man bislang das Auftreten der Beamten bei den Bürgervereinen nur ungern und gab es darüber - wie schon erwähnt - viel Ärger und Verdruß, so war von nun ab die Präsenz der Verwaltung in den Bürgerversammlungen auch von offizieller Seite durchaus erwünscht.  Es wäre aber eine Unterlassungssünde zu verschweigen, daß sich auch die Ratsmitglieder in eigenen Parteiveranstaltungen, aber auch insbesondere bei den Bürgervereinen der Kritik der -Bürger stellten, und wie das so in der Politik üblich ist, sparte man auch nicht mit gegenseitigem Vorwürfen.

Mit dem Bau der Schule an der Beethovenstraße hätte gleich die zweite Volksschule im Norden in Angriff genommen werden müssen.  Auch erwies sich die Schule an der Beethovenstraße bei ihrer Fertigstellung schon als zu klein.  Noch dringender waren aber der Bau einer Berufsschule, einer Realschule und von zwei Volksschulen in der Stadtmitte und im Süden.  Die Stadt hatte am Holterhöfchen ein großes Gelände erworben, um hier auf Vorschlag des Schuldezernenten Heinrich Strangmeier ein Schulzentrum zu errichten.  Die Frage, welche Schulen nun zuerst gebaut werden sollten, lösten im Rat lange Debatten aus.  Alle waren gleich dringend, und in dieser schwierigen Lage faßte dann der Rat den geradezu grandiosen Beschluß, für alle vier Schulen die Bauaufträge auf einmal zu erteilen.

Die im Norden vorgesehenen Schulen mußten notgedrungen zurückstehen.  Diese Einsicht konnte man aber von den Nordstädter Bürgern nicht verlangen, und so lud der Bürgerverein zu einer Bürgerversamrnlung am 6. November 1961 in den Kleefer Hof mit dem Thema "Schulsituation im Hildener Norden" ein.  Die Stadtverwaltung rückte gleich mit vier Beamten an.  Beigeordneter Strangmeier bat um Verständnis für die gesamtstädtische Schulsituation.  Heinz Brieden, inzwischen zum Stadtkämmerer avanciert, erklärte offen, daß die Stadt vorerst für weitere Schulbauten kein Geld mehr hätte, einige ergänzende Ausführungen des Schulamtsleiters Alfred Broske über allgemeine schulische Fragen brachten wenig Trost, und als schließlich Vermessungsrat Günter Haupt durchblicken ließ, daß es mindestens drei Jahre dauern würde, bis eine weitere Schule fertig sei (es dauerte vier Jahre), brachte das die Volksseele zum Kochen.

Wesentlich ruhiger ging es drei Jahre später in einer Bürgerversammlung am 8. Juli 1964 zu, in der Brieden, Haupt und Stadtplaner Heines zwar in der Hauptsache über das gerade heftig diskutierte Vorhaben des Baus einer östlichen Umgehungsstraße Hildens, der sogenannten "Osttangente", referierten, aber nebenbei auch noch einmal auf die Schulbaufragen zurückkamen.  Die Bürger sahen die neuen Schulbauten heranwachsen, und das stimmte sie friedlicher.  Am 24.  November 1964 konnte dann Beigeordneter Haupt schon wieder ganz allgemein im Bürgerverein einen Vortrag über "Die Bebauung der Nordstadt in Gegenwart und Zukunft" halten.

1964 wurde der Erweiterungstrakt an der Schule Beethovenstraße mit vier Klassen fertig, 1965 die Schule an der Richard-Wagner-Straße (Adolf-KolpingSchule), und 1966 konnte in einer Feierstunde das noch im Nordbereich liegende instandgesetzte und modernisierte Volksschulgebäude an der Augustastraße (Planung Otto Heines) wieder in Benutzung genommen werden.

Die Auseinandersetzungen von Rat und Verwaltung mit den Bürgern über die Schulbauvorhaben erreichten einen neuen Höhepunkt, als es um die Planung der dritten Volksschule im Norden auf der Westseite der Gerresheimer Straße ging. Über den Standort an der Straße Schalbruch gab es keine Meinungsverschiedenheiten.  Aber die Stadt, die vorher die Schule an der Richard-Wagner-Straße noch mit eigenen Mitteln - also ohne Inanspruchnahme von Darlehen - gebaut hatte, verfügte nicht mehr über Geld.  Die Aufnahme von Darlehen war jetzt aus konjunkturpolitischen Gründen nicht mehr möglich.  Man zögerte, den Bauauftrag zu erteilen.

Gebaut werden sollte eine sogenannte "Mittelpunktschule' , ein neuer Schultyp nach Vorstellungen des Kultusministers Professor Mikat (CDU), der die Auflösung der Zwergschulen namentlich in ländlichen Gebieten vorsah.  Dann kam nach dem Regierungswechsel 1967 die Schulreform mit der Bildung von Grund- und Hauptschulen dazwischen. 

Wäre die Schule Schalbruch (Elbschule) als "Mittelpunktschule" gebaut worden, müßte man aus heutiger Sicht von einer völligen Fehlplanung sprechen.  Für die sicherlich richtigen Einwände der Kommunalpolitiker und der Beamten, es sei ein Glücksumstand, daß mit dem Bau noch nicht begonnen war, hatten die Bürger aber nur beißenden Spott.  Dieser entlud sich am 26.  Juni 1969 in einer von über 200 Personen besuchten Bürgerversammlung des Bürgervereins Meide, in dessen Betreuungsbereich die zu bauende Schule lag.  Die Umplanung des Schulgebäudes brachte eine weitere Verzögerung.  Erst 1971 wurde die Elbschule endlich fertig.

Mit dem Bau der Sonderschule an der Lortzingstraße (1973) fand dann das Nordstädter Schulbauprogramm seinen Abschluß.  Bei dem Geburtenrückgang ist wohl kaum damit  zu rechnen, daß sich die Bürgervereine im Norden in diesem Jahrhundert noch einmal mit Schulbauproblemen herumschlagen müssen.

Den um den Schulbau geführten Debatten standen an Heftigkeit die Auseinandersetzungen um zwei große Verkehrsprojekte nicht nach.  Beim Bau des Hildener Autobahnkreuzes und bei der Planung der Osttangente entwickelte der Bürgerverein Nord größte Aktivität.

Daß der Zubringer von Düsseldorf zur Autobahn in Hilden (B 326) einmal selbst zur Autobahn ausgebaut und nach Wuppertal verlängert werden sollte, daß beträchtliche Ländereien für das damit entstehende Autobahnkreuz beansprucht würden und schließlich dabei auch Häuser abgebrochen werden mußten, war zwar bekannt, aber nicht in dem Umfange der Opferung eines ganzen Ortsweilers (Birken) mit 30 Häusern, in denen 41 Familien mit 104 Personen wohnten.

“Der Landschaftsverband Rheinland ist drauf und dran, eine neue Kategorie ,Heimatvertriebene' zu schaffen.  Diese Tragödie wird sich auf Hildener Boden abspielen' , schrieb die Hildener Zeitung am 16.  März 1963 in einem mit "Kein Glückskleeblatt für Birken und Eickert" überschriebenen Artikel.  Eine Vorwarnung hatten die Bewohner der Birken schon 1962 erhalten, als die Hildener Zeitung am 10.  November 1962 über eine Versammlung des Bürgervereins Nord berichtete, "daß den Betroffenen von Birken die baldige Ausquartierung angekündigt worden sei.  Bald werden Eure Häuser abgerissen."

Es waren zwar fast ausnahmslos kleine alte Häuser, die auf der Abbruchliste standen, aber durchweg gut gepflegt, mit kleinen hübschen Gärten in idyllisch ruhiger Lage, bis die Autobahn kam.

Hier wollte niemand weg.  Niemand konnte aber auch sagen, wohin denn die Reise gehen sollte.  Die Vertreter des Landschaftsverbandes machten es sich sehr einfach.  Sie boten für die Grundstücke den Spottpreis von 1,80 DM pro qm an und eine dem damaligen Bauwert entsprechende Entschädigung für die Altbauten.  Hilfesuchend wandten sich die in arge Bedrängnis geratenen Bürger an die Stadtverwaltung und den Bürgerverein. 

Von der Auskunft des Rathauses, die Stadt könne die Betroffenen in einem Rechtsstreit gegen den Landschaftsverband nicht vertreten, fühlte man sich zunächst arg enttäuscht.  Hilfreicher war da schon der Vorschlag des Vorstandsmitgliedes im Bürgerverein Franz Urbschat, zugleich auch Ratsmitglied (SPD), sich zu einer Interessengemeinschaft zusammenzuschließen, und die Empfehlung des Bürgervereinsvorsitzenden Wilhelm Ungermann, ebenfalls Ratsmitglied (CDU), den Hildener Rechtsanwalt Wilhelm Henrichs mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen.  Als Alteingesessener kannte sich Henrichs in den Hildener Verhältnissen aus, er war ein hervorragender Jurist und verfügte als einflußreicher Abgeordneter (CDU) im Düsseldorfer Landtag über gute Beziehungen zu den Behörden.  Eine "Interessengemeinschaft der Birkenverdrängten" wurde gegründet.  Paul Wesseler übernahm den Vorsitz und Rechtsanwalt Henrichs die Interessenvertretung.

Jetzt sah auch die Stadtverwaltung die rechtliche Möglichkeit einer Mitwirkung.  Beigeordneter Brieden nahm sich der Aufgabe der Umsiedlung und der anderweitigen Unterbringung der Birkenverdrängten an.  Verhandlungspartner auf der Gegenseite, dem Landschaftsverband, war Assessor Kocks.

Dem unglücklichen Start mit der Abbruch- und Räumungsandrohung und dem unannehmbaren Entschädigungsangebot folgte ein weiterer Mißstand.  Es dauerte längere Zeit, bis man den Betroffenen Planunterlagen über die beanspruchten Grundstücke vorlegen konnte.  Obwohl noch fast alles ungeklärt war, begann man schon im September 1964 mit den Bauarbeiten, und bald lagen die Häuser der Birkenbewohner mitten in einer Großbaustelle, aus der man kaum noch herauskommen konnte.  Die Verhandlungen mit dem Landschaftsverband über die Entschädigungen und die Bemühungen der Stadtverwaltung um Ersatzgelände und Wohnungen nahmen Jahre in Anspruch.

Allgemeine Unzufriedenheit und Gereiztheit machte sich breit.  "Birkenverdrängte im Stich gelassen", "Verdrängte Bewohner bangen um die Zukunft' , "Wir in den Birken haben kein Weihnachten", diese und ähnliche Schlagzeilen' zahlreicher Zeitungsartikel gaben die Stimmung wieder.  So verständlich diese Reaktionen waren, im Grunde genommen war aber seitens der Stadt schon viel geschehen.  Durch Grundstückstausch wurde am Kosenberg ein Gelände erworben, auf dem 12 Häuser mit 24 Wohnungen unter der Trägerschaft der Rheinischen Heimstätte errichtet werden konnten.

Die Hildener Aktien-Baugesellschaft übernahm an der Schubertstraße die Errichtung von zwei Baublocks mit 24 Wohnungen für Mieter aus den Birken.

In einer von dem Bürgermeister einberufenen Bürgerversamrnlung am 15.  Januar 1965 im Kleefer Hof gab Beigeordneter Brieden  zwar eine umfassende Aufklärung über alle von der Stadt getroffenen Maßnahmen, aber die daraufhin eingetretene Ruhe war nicht von langer Dauer. 

Die Aufstellung des Bebauungsplanes für das Baugelände am Kosenberg, die Planung der Bauten, die noch durch eine Umplanung von eineinhalbgeschossiger Bebauung auf eine zweigeschossige erschwert wurde, die Beschaffung der Bundes- und Landesmittel für Verkehrsverdrängte, die Sicherung der Restfinanzierung insbesondere unter Einbeziehung der noch immer nicht geklärten Höhe der Entschädigung und schließlich die Bauausführung selbst erforderten wiederum fast drei Jahre Zeit. Immer wieder schaltete sich der Bürgerverein vermittelnd ein, mußte sich dabei von der Verwaltung den Vorwurf gefallen lassen, daß für Fragen der Entschädigung der Bürgerverein nicht das geeignete Forum sei.  Im Juni 1966 lagen dann endlich die Bewilligungsbescheide für die Verdrängten-Darlehen vor.  Dann dauerte es noch bis zum Herbst 1967, bis die Häuser und Wohnungen bezogen werden konnten.  Rechtsanwalt Henrichs hat diesen Abschluß nicht mehr erlebt.  Aber seine Verdienste und die der Stadt um die Sache wurden bereits in der Hildener Zeitung vom 23./24. Oktober 1965 anerkannt.  "Bei der Abwicklung der ganzen langwierigen Angelegenheit hat sich die Stadtverwaltung im Auftrage des in der Sache Haltung zeigenden Rates der Stadt, namentlich Stadtdirektor Brieden (schon als Kämmerer) als Mobilisator der organisatorischen Lösungsgrundlagen, ebenso große Verdienste erworben wie der Rechtsbeauftragte der Birken-Verdrängten, Rechtsanwalt Henrichs, in Vertretung der Entschädigungsansprüche gegenüber dem Landschaftsverband."

Das zweite den Bürgerverein stark beschäftigende Verkehrsproblem war die "Osttangente".  Diese von Norden nach Süden im nordöstlichen Stadtbereich geplante Verkehrsstraße hatte Aufnahme in den Leitplan der Stadt gefunden.  Sie soll die Landstraßen Gerresheimer, Richrather, Hochdahler Straße und Kirchhofstraße von dem in Nord-Süd-Richtung laufenden Durchgangsverkehr entlasten.  Die zunächst vorgesehene Trasse verlief etwa wie folgt: von der Gerresheimer zur Hochdahler Straße, in diese etwa dort einmündend, wo heute die Richard-Wagner-Straße beginnt, dann im Zuge der Hochdahler Straße weiter bis zur Straße An der Bibelskirch, hinter der Wirtschaft Richter her, im Abstand von etwa 200 m von der Autobahn durch den Ortsteil Kleef, hinter den Häusern in den Straßen Am Stadtwald und Schlichterweg her, in die Oststraße einmündend, durch die Grünstraße das Schulzentrum Holterhöfchen tangierend, unter die Eisenbahnlinie Hilden-Ohligs, etwa dort, wo jetzt die Unterführung gebaut wird, vor dem Südfriedhof her, entlang der Siedlung Erika bis zur Stadtgrenze bzw.  Anschlußstelle in Langenfeld.

Diese Planung der Osttangente wurde vom 28.  September bis zum 25.  Oktober 1960 offengelegt.  Gegen die Trasse wurden aber sofort Bedenken laut.  Die damals vorgesehene Trasse ist heute weitgehend bebaut.  In der Vorstands- und Mitarbeiterbesprechung des Bürgervereins am 12.  Oktober 1960 kam man nach einer langen Diskussion überein, aus den Bürgervereinen Meide, Nord und Ost eine Kommission zu bilden, um über die Bedenken gegen die Trassenführung mit den zuständigen Behörden zu verhandeln.  Ein Protestschreiben wurde von 727 Bürgern unterzeichnet.  Am 3. November 1960 legte auch der Rat der Stadt gegen die Führung der Osttangente Einspruch ein. 

Der Bürgerverein führte zahlreiche Verhandlungen mit dem Landschaftsverband, am 23. September 1961 richtete er eine Eingabe an den Bundesinnenminister Dr. Gerhard Schröder.  Der 1. Vorsitzende Wilhelm Ungermann legte in der Sache einen solchen Eifer an den Tag, daß er in lobender Absicht von dem damaligen Stadtkämmerer Brieden den Spitznamen "Tangenten-Willi" erhielt.

Die Stadtverwaltung schlug schließlich vor, zwischen Kolksbruch im Norden und der Straße Krabbenburg im Süden die Trasse der Osttangente hinter die Autobahn zu verlegen.  Die Straßenbaubehörde stimmte der Verlegung nach Osten zu, entschied sich aber für eine Führung vor und unmittelbar parallel zur Autobahn. In der bereits erwähnten Versammlung des Bürgervereins am 8. Juli 1964 empfahlen die Beigeordneten Haupt und Brieden dringend, dieser Änderung beizupflichten.  Es handelt sich um die jetzt noch zur Ausführung vorgesehene Trasse, für die sich dann schließlich auch der Bürgerverein einsetzte.

Einiges Gerangel gab es dann noch um die Trassenführung zwischen der Gerresheimer und der Hochdahler Straße.  Der Bürgerverein Meide sprach sich dafür aus, die Straße näher an die Autobahn A 49 Düsseldorf-Wuppertal heranzubringen.  Dieser Vorschlag scheiterte aber daran, daß dann für die Straße Waldflächen hätten geopfert werden müssen.  Es verblieb deshalb bei der Trasse, die schon 1969 die Zustimmung des Rates der Stadt gefunden hatte, und für die der Abschluß des Planfeststellungsverfahrens bevorsteht.  Auch ein noch nachträglich eingelegter Einspruch des Instituts für öffentliche Verwaltung gegen die Trasse im Bereich von Kolksbruch dürfte daran nichts mehr ändern.

In den 60er Jahren waren folgende Mitglieder im Vorstand des Bürgervereins tätig: während der ganzen Zeit Wilhelm Ungermann als 1. Vorsitzender und Paul Klapperich als 2. Vorsitzender, August Großilbeck 1. Schriftführer von 1960-62, Alex Drengenburg ab 1962 bis 1968 und Hans-Heinrich Helikum ab 1968, Anton Kanicki 1. Kassierer von 1960-1965 und ab dann 2. Kassierer, Wolfgang Günther 1. Kassierer ab 1965, Joachim Richter 2. Kassierer von 1960 bis 1965, Fräulein Schneider, Waltraud Bergmann und Harald Sommer waren zeitweise als 2. Schriftführer tätig.  Während der ganzen Zeit war Franz Andree Beisitzer und zeitweise Wilhelm Günther, Edmund van Kempen, Ernst Bertram, Rudi Eigen, Wilhelm Kühndahl und Georg Lieber.

In diesem Jahrzehnt stieg die Mitgliederzahl von 350 auf 600 an.  Die enorme Wohnungsbautätigkeit im Norden, der Schulbau, die mit dem Bau des Hildener Autobahnkreuzes und der Planung der Osttangente zusammenhängenden Probleme, Straßen- und Kanalbau beschäftigten den Bürgerverein und seinen Vorstand in einem bislang nicht gekannten Ausmaß.  Trotzdem kam das gesellschaftliche Leben nicht zu kurz.  Karnevalsfeste gab es allerdings nur noch bis zum Jahre 1963. 1964 mußte das Fest ausfallen, weil im Saal des Kleefer Hofes die Decke herabgestürzt war.  Zum Rosenmontagszug stellte der Bürgerverein aber auch weiterhin jährlich einen Wagen, z. T. gemeinsam mit den Kleefer Schützen.

Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem Bürgerverein und dem Schützenverein kamen besonders dadurch zum Ausdruck, daß bei den Schützenfesten 1966-1967 und 1969 im Festzelt von beiden Vereinen Altennachmittage mit Kaffee und Kuchen veranstaltet wurden. 1968 fand im Zelt ein Varieteabend statt.  Die Kinder erhielten beim Schützenfest Freikarten für Karussellfahrten. 1960 verpflichtete der Bürgerverein nochmals die Hohensteiner Puppenspiele zu zwei Veranstaltungen im Kleefer Hof.

1961 wurde mit 60 Frauen eine Betriebsbesichtigung bei den Henkelwerken vorgenommen.  Ihr folgten 1965-1969 zahlreiche weitere Fahrten dieser Art, die bei den Frauen großen Anklang fanden.  Im September 1967 unternahm der Bürgerverein mit 170 Teilnehmern eine Ausflugsfahrt ins Bergische Land.  Die Vereinsabende wurden mehrmals durch Lichtbildervorträge der Mitglieder Walter Lommel über "Das alte und neue Hilden" und Rektor Otto Vogelsang über "Unsere Heimatstadt Hilden und ihre schöne Umgebung" verschönt.

Der 75.  Geburtstag des 1. Vorsitzenden Wilhelm Ungermann gab Anlaß zu einem besonderen Fest.  Am Vorabend, dem 21.  September 1966, veranstalteten Bürgerverein und Schützenverein gemeinsam unter größter Beteiligung der Bevölkerung einen Fackelzug zum Hause des Jubilars.  An der eigentlichen Geburtstagsfeier im "Kleefer Hof" nahmen zahlreiche Ratsmitglieder, die Spitzen der Verwaltung und Vertreter der politischen Parteien teil.  Der stellvertretende Bürgermeister Fritz Josting überreichte dem Jubilar in Anerkennung seiner großen Verdienste um das Gemeinwohl den silbernen Wappenteller der Stadt Hilden.  Der 2. Vorsitzende des Bürgervereins Paul Klapperich würdigte den unermüdlichen und uneigennützigen Einsatz für den Verein und übergab eine goldene Ehrenmünze.  Nach den Dankesbezeugungen schloß Ungermann mit den Worten: "Ich bin immer bestrebt gewesen zu helfen, ich habe nur meine Pflicht getan."

Einen festlichen Abschluß fanden dann die 60er Jahre mit der Feier des 40jährigen Bestehens des Bürgervereins am 6. Dezember 1969 im Reichshof. Im dichtbesetzten Saal begrüßte der 1. Vorsitzende zahlreiche Gäste aus dem öffentlichen Leben, von Rat und Verwaltung der Stadt, der örtlichen Behörden, Banken und Sparkasse, Polizei und Bundeswehr, der befreundeten Hildener Vereine und Bürgervereine.  In einem Festvortrag skizzierte der Vorsitzende die Geschichte des Vereins.  Frau Bürgermeister Dr. Ellen Wiederhold würdigte die Leistungen des Bürgervereins mit den Worten: "Wenn alle Bürgervereine das tun, was der Bürgerverein Hilden-Nord schafft, dann ist es zu verstehen, daß Bürgervereine viele Mitglieder haben." Höhepunkt des Festes war die Ehrung verdienter Gründungsmitglieder des Vereins durch Stadtdirektor Heinz Brieden mit der Übergabe von Ehrengeschenken an die Ehrenmitglieder Rudolf Clees und Rudolf Eigen sen. und mit einer Laudatio auf den 1. Vorsitzenden Wilhelm Ungermann.  Dem Festakt schloß sich ein schwungvoller Unterhaltungsteil an.  Die in Hilden erscheinenden Tageszeitungen, Hildener Zeitung, Rheinische Post und Düsseldorfer Nachrichten, berichteten ausführlich über das Jubiläumsfest und hoben dabei die in vier Jahrzehnten vollbrachten Leistungen des Bürgervereins gebührend hervor.

Im Juli 1963 tätigte die Stadt Hilden ihren größten Grundstückskauf.

Für 6,3 Millionen DM wurde der Broicher Hof mit 28 650 qm Land erworben.

Finanziell war dieser Ankauf ein großes Risiko, weil er eigentlich die Finanzkraft der Stadt zu dieser Zeit überstieg.

Hätte die Stadt aber nicht zugegriffen, wären die Ländereien aller Voraussicht nach in den Besitz der Stadt Düsseldorf übergegangen, und das hätte 10 Jahre später der Stadt Hilden mit Sicherheit ihre Selbständigkeit gekostet.

So entstand aber durch den Wagemut des Rates und der Verwaltung auf dem Gelände eines der großen Hildener Bauernhöfe und privater Grundstücke westlich der Gerresheimer Straße das

GEWERBEGEBIET NORD-WEST

eine Ansiedlung großer, mittelgroßer und kleiner Industrie- und Gewerbebetriebe vielfacher Branchen, welche die Wirtschaftsstruktur Hildens wesentlich verbesserten.